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Häufig gestellte Fragen zum 6. Kondratieff


Hier eine Übersicht auf häufig gestellte Fragen zum sechsten Kondratieff mit ihren Antworten

von Leo Nefiodow 


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1. Warum herrscht in den USA und Deutschland Vollbeschäftigung? 



2. Geht der Kapitalismus seinem Ende entgegen? 

 

3. Die Digitalisierung ist kein Träger des sechsten Kondratieffs
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4. Die Rolle des Gesundheitswesens neu denken

1. Warum herrscht In vielen Ländern hohe Arbeitslosigkeit
und in Ländern wie USA und Deutschland Vollbeschäftigung?


Leo Nefiodow, Dezember 2016

 


Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit können unterschiedliche Ursachen haben: falsche Wirtschaftspolitik (zu bürokratische Marktregulierung), soziale Unordnung (hohe Kriminalität, Vetternwirtschaft und Korruption), unzureichender Bildungsstand der Bevölkerung, unzureichende Investitionen in jene Märkte, in denen große Arbeitsplatzreserven schlummern. Die Diskussion der Ursachen und die empfohlenen Lösungsvorschläge sind stark makroökonomisch orientiert und beachten die letztgenannte Ursache zu wenig. Deshalb wollen wir uns Im Folgenden etwas näher mit ihr beschäftigen. 

Fragen wir zunächst, warum die USA trotz auffallend niedrigem Wirtschaftswachstum unter 2 Prozent in der ersten Hälfte von 2016 dennoch Vollbeschäftigung erreicht haben. Die Arbeits-losigkeit liegt in diesem Jahr stabil unter 5 Prozent. 

Was unterscheidet die USA von den meisten anderen Industrieländern? Ein Unterschied, der besonders auffällt, sind die hohen Ausgaben für Gesundheit. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt liegt inzwischen bei fast 18 Prozent während dieser Anteil in den anderen Industrieländern deutlich darunter liegt (bei etwa 9-12 Prozent). Rechnet man noch die Gesundheitsausgaben hinzu, die die Amerikaner in der erweiterten Gesundheitswirtschaft privat ausgeben hinzu , dann erhöht sich dieser Anteil auf über 22 Prozent [1]. 

Über Vollbeschäftigung kann sich auch Deutschland erfreuen. Die Arbeitslosigkeit liegt 2016 unter 6 Prozent. Die Gesundheitswirtschaft gehört mit einer Bruttowertschöpfung von mehr als 320 Milliarden Euros zu den größten Branchen (2015). Die Konsumausgaben für Gesundheitsgüter betrugen 420 Milliarden Euros. Das war ein Anteil von 19 Prozent am Gesamtkonsum [2]. 16 Prozent aller Arbeitsplätze – 6,8 Millionen – sind der Gesundheitswirtschaft zuzuordnen. Rechnet man die Stellen hinzu, die direkt, indirekt und induziert mit der Gesundheitswirtschaft verbunden sind (z.B. in der Softwareindustrie, im Gesundheitstourismus oder bei Sport- und Fitnessgeräten), dann erhöht sich die Zahl auf mehr als 10 Millionen. Das waren 22 Prozent aller Arbeitsplätze. Dieser hohe und weiter wachsende Beschäftigungsstand wurde in Deutschland ebenfalls mit einem niedrigen Wirtschaftswachstum von unter 1,8 Prozent erreicht. 

Auch in den USA gehört die Gesundheitswirtschaft zu den größten Arbeitgebern. In 2015 waren im privaten und öffentlichen Gesundheitsbereich mehr als 20 Millionen Menschen beschäftigt. Rechnet man auch hier die Arbeitsplätze hinzu (im gleichen Verhältnis wie in Deutschland), die mit der Gesundheitswirtschaft in anderen Wirtschaftszweigen direkt, indirekt und induziert verbunden sind, dann erhöht sich die Beschäftigtenzahl auf 30 Millionen. Das waren mehr als 20 Prozent aller Arbeitsplätze. 

Die Arbeitsplätze in der Gesundheitswirtschaft bieten zwei besondere Vorteile: Sie sind krisenfest, denn an der Gesundheit wird auch in Rezessionszeiten zuletzt gespart (wie z.B. in den Rezessionsjahren 2008-2009, siehe Abbildung).  

Und zweitens: Diese Arbeitsplätze sind zukunftssicher. Wachstumsgrenzen der Gesundheitswirt-schaft sind nicht erkennbar. Nach einer neuen Studie des US-Bureau of Labor Statistics für den Zeitraum 2014 - 2024 nimmt die Zahl der Arbeitsplätze in der Gesundheitswirtschaft stetig zu und im Jahr 2024 wird der Gesundheitssektor der größte Arbeitgeber der USA sein. ”Healthcare occupations and industries are expected to have the fastest employment growth and to add the most jobs between 2014 and 2024 [3].“ 

Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Prognose aus dem Jahr 2015 zutrifft, ist sehr hoch einzu-schätzen, da sie sich auch wissenschaftstheoretisch begründen lässt. Nach der Theorie der langen Wellen hat um die Jahrhundertwende ein neuer Kondratieffzyklus begonnen, der sechste Kondratieff, und der Träger dieses Langzyklus wird die Gesundheitswirtschaft sein. Das Ende dieses Zyklus ist erst um die Mitte des Jahrhunderts zu erwarten. 

Der hohe, krisenfeste und wachsende Beschäftigungsstand in den Ländern mit Vollbeschäftigung ist in erster Linie den Arbeitsplätzen in der Gesundheitswirtschaft zu verdanken. Wegen der relativ niedrigen Produktivität sind viele dieser Arbeitsplätze aber keine Vollzeitstellen und ungenügend bezahlt. Soweit sie sich außerhalb des Gesundheitswesens befinden, sind sie auch durch den technologischen Fortschritt (z.B. Digitalisierung) gefährdet. Um die Stabilisierung der Vollbeschäftigung zu erreichen, muss die Produktivität vor allem im Gesundheitswesen gesteigert werden. 

Entwicklung der Beschäftigten in den USA

Quelle: US-Bureau of Labor Statistics

Die Gesundheitsausgaben werden heute oft noch als Kosten angesehen, die man möglichst niedrig halten möchte. Diese Auffassung ist nicht zeitgemäß. Gesundheit muss heute als eine Investition angesehen werden, und zwar als zukunftsweisende Investition, weil sie die Produktivität auf allen Ebenen der Gesellschaft verbessern kann: auf der individuellen, betriebswirtschaftlichen, institu-tionellen und gesellschaftlichen Ebene. Und Produktivitätsverbesserungen sind in den industriali-sierten Ländern nach wie vor die wichtigste Quelle für Wirtschaftswachstum und nachhaltigen sozialen Wohlstand. 

[1] http://onforb.es/1EUd4bN
[2] Quelle: Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie: Gesundheitswirtschaft. Fakten & Zahlen 2015. März 2016. 
[3] Quelle:  http://www.bls.gov/news.release/archives/ecopro_12082015.pdf

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